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Ratgeber
Den neunten Monat gut durchleben
Gesundes Fasten im Ramadan

Für gläubige Muslime und Muslima beginnt am Abend des 28. Februar 2025 der diesjährige Fastenmonat Ramadan - also die Zeit, in der die Verbindung zu Gott vertieft wird. Während das Fasten für etliche Menschen körperlich positive Auswirkungen hat, wird es für manche zum Problem. Das gilt insbesondere für Kranke, Alte und diejenigen, die Arzneimittel benötigen. Mit einer guten Planung lassen sich jedoch gesundheitliche Risiken vermeiden.
Ein Monat Verzicht und Gebet
Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Kalender und hat für Muslime und Muslima eine ganz besondere Bedeutung. Er erinnert an die Zeit, in der dem Propheten Mohammed der Koran offenbart wurde. In diesem Monat vertiefen die Gläubigen ihre Beziehung zu Gott, indem sie sich intensiv dem Gebet und dem Koran widmen. Außerdem ist ein Ziel der Fastenzeit, sich in Selbstbeherrschung und Verzicht zu üben. Deshalb darf von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht gegessen und getrunken werden, zudem sind Rauchen und Geschlechtsverkehr verboten.
Gegessen und getrunken wird im Ramadan zwei Mal täglich: Bei der Morgenmahlzeit Sahur, die vor Sonnenaufgang zwischen 3 und 4 Uhr stattfindet und abends. Das Fastenbrechen nach Sonnenuntergang wird Iftar genannt und ist oft ein gemeinschaftliches Ereignis mit der Familie und Freunden. Die tägliche Dauer des Fastens variiert nach geographischer Lage und Zeitpunkt. In Deutschland beträgt sie 2025 etwa 13 bis 15 Stunden, in Berlin dauert sie aufgrund der nördlicheren Lage etwa 15 Minuten länger als in München.
In Deutschland feiern etwa fünf Millionen Menschen den Ramadan und fasten in dieser Zeit. Es gibt jedoch einige Personengruppen, die laut Koran aufgrund ihrer besonderen Umstände von dieser Pflicht befreit sind. Sie sollen das Fasten zu einem späteren Zeitpunkt nachholen, z. B. im Winter, wenn die Tage kürzer sind. Eine weitere Alternative ist, statt zu fasten Bedürftigen zu helfen. Diese Form der Kompensation ist die sogenannte Fidya. Sie besteht aus der Speisung einer Person, wobei der Betrag meist gespendet wird. 2025 beträgt der Richtwert pro Tag etwa 12 Euro. Zu den vom Fasten befreiten Gruppen gehören
- Kranke,
- schwangere, menstruierende und stillende Frauen,
- altersschwache Menschen,
- Reisende.
Hinweis: Jungen und Mädchen unter 14 Jahren sind generell von der Fastenpflicht befreit. Sie müssen deshalb weder Fidya zahlen noch den Fastenmonat nachholen.
Auswirkungen auf den Körper
Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Nahrung und Flüssigkeit zu verzichten hat Folgen für den Körper. Durch die mangelnde Flüssigkeitszufuhr sinkt der Blutdruck, es kann zu Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen und Müdigkeit kommen. Um dies zu vermeiden, sollten Fastende in der erlaubten Zeit ausreichend trinken. Tritt ausgeprägter Schwindel auf, ist es Zeit, das Fasten zu unterbrechen und langsam Flüssigkeit und Salz und Zucker zu sich zu nehmen. Werden die Beschwerden nicht besser, sollte eine Ärzt*in aufgesucht werden.
Auch die verringerte Nahrungsaufnahme hat ihre Auswirkungen. Sobald die Energie der frühmorgendlichen Mahlzeit verbraucht ist, nutzt der Organismus seine gespeicherten Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße. Einige Studien zeigen, dass Übergewichtige im Ramadan Körperfett und damit Gewicht verlieren. Um nach der Fastenzeit nicht wieder zuzunehmen, muss allerdings die Ernährung langfristig umgestellt werden.
Der Fastenmonat soll sich auch positiv auf die Blutfette auswirken. Sowohl Cholesterin als auch Triglyceridspiegel sinken durch das ausgeprägte „Intervallfasten“. Die Insulinempfindlichkeit verbessert sich ebenfalls, weshalb Typ-2-Diabetiker*innen profitieren können. Zudem gibt es Hinweise auf eine antientzündliche Wirkung und die Linderung von Autoimmunerkrankungen. Hier müssen die Untersuchungen noch vertieft werden, um allgemeingültige Aussagen zu treffen.
Hinweis: Das Fasten hat offenbar positive Effekte auf die Psyche, zumindest, wenn man die ersten schwierigen Tage geschafft hat. Viele Menschen berichten, dass sie im Ramadan zu einer besonderen geistigen Klarheit finden und sich ihr Stress abbaut.
Tipps für das gesunde Ramadan-Fasten
Das lange tägliche Fasten ist für den Organismus eine Herausforderung. Damit es gut vertragen wird, helfen folgende Tipps:
- Sowohl zur Morgenmahlzeit als auch beim abendlichen Fastenbrechen ist es wichtig, viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Basis sind kalorienarme Getränke wie zuckerfreier Tee oder Saftschorle. Smoothies, Säfte und Milch helfen, Vitamine und Mineralstoffe zuzuführen. Sie sollten jedoch in Maßen genossen werden.
- Energie für den Fastentag liefern Müsli aus Vollkornprodukten, angereichert mit Nüssen, Saaten, Joghurt und Früchten.
- Besonders beliebt zum Fastenbrechen sind selbstgekochte Suppen. Sie enthalten sowohl Nährstoffe als auch Flüssigkeit. Gut geeignete Zutaten dafür sind Linsen, Bohnen und Vollkornnudeln.
- Ebenfalls empfohlen werden Currys aus Fisch, Eiern und Hülsenfrüchten, für Fleischfreunde auch mit aus islamkonformem Fleisch. Dazu sind Brot, Reis und Kartoffeln ideal.
- Meiden sollte man stark gezuckerte Speisen und Getränke, da sie den Blutzuckerspiegel schnell und stark in die Höhe treiben. Traditionell sind Datteln gut zum Fastenbrechen: Sie sind süß und liefern Kalium und Ballaststoffe. Auch Obst und andere Trockenfrüchte eignen sich, die Lust auf Süßes zu stillen.
- Besonders ungünstig sind hoch verarbeitete, industrielle Lebensmittel. Sie enthalten vor allem Zucker, Fette und Salz und wenig gesunde Inhaltsstoffe. Besser ist es, frisch zu kochen.
Tipp: Sport sollte man im Ramadan nach der abendlichen Mahlzeit treiben. Dann sind die Energie- und Flüssigkeitsreserven wieder aufgefüllt. Beim Training am Nachmittag sind Fastende weniger reaktionsschnell und ermüden leichter, was die Verletzungsgefahr erhöht.
Wann wird Fasten riskant?
Fasten ist nicht für alle Menschen ideal. Deshalb hat der Koran auch beispielsweise Kranke von der Fastenpflicht befreit, sie können stattdessen die Fidya leisten. Möchten sie trotzdem das Fastenritual mitmachen, sollten sie vorher ihre behandelnde Ärzt*in aufsuchen. Idealerweise findet die Beratung ein bis drei Monate vor dem Ramadan statt. In dieser Zeit können Medikamente auf Präparate mit längerer Halbwertszeit umgestellt und Einnahmezeitpunkte verschoben werden. Dies darf allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht geschehen.
Keinesfalls fasten sollten Menschen mit fortgeschrittener Herzschwäche (Herzinsuffizienz NYHA III und IV), nicht kontrolliertem Diabetes und chronischer Nierenschwäche (Stadium 4 und 5). Ein mäßiges oder niedriges Risiko für Fastenkomplikationen haben Menschen mit Bluthochdruck, stabiler Angina pectoris, einem Schlaganfall in der Vergangenheit und einer gut kontrollierten Epilepsie. Sie können nach ärztlicher Rücksprache fasten, wenn sie ausreichend schlafen, nachts gesund essen und ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren.
Ramadan und Arzneimittel
Für Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen, kann Ramadan zur Herausforderung werden. Denn bei Tageslicht dürfen weder orale (Tabletten, Kapseln etc.) noch nasale (Nasentropfen und -sprays) noch rektale (Zäpfchen, Schäume) Arzneimittel eingenommen bzw. verwendet werden. Bei Augen- und Ohrentropfen sowie bei Sprays sind die Glaubensgelehrten nicht einig.
Erlaubt sind jedoch subkutane und intramuskuläre Spritzen, lokale Cremes und Pasten sowie wirkstoffhaltige Pflaster. Aber Achtung: Letztere sind nur gestattet, wenn sie therapeutisch wirken. Das ist z. B. bei Fentanyl zur Schmerzbehandlung der Fall sowie bei Hormonen zur Ersatztherapie und Rotigotin zur Therapie eines Morbus Parkinson. Nikotinpflaster und jede andere Nikotinersatztherapie sind im Ramadan nicht erlaubt.
Einige häufig verwendete Arzneimittel sind im Ramadan kritisch, weil sie besonders regelmäßig oder mehrmals täglich einzunehmen sind. Nach Rücksprache mit der behandelnden Ärzt*in sind folgende Optionen möglich:
- Schilddrüsenmedikamente. Levothyroxin-haltige Arzneimittel werden einmal täglich nüchtern direkt nach dem Aufstehen und eine halbe Stunde vor dem Frühstück eingenommen. Dies lässt sich im Ramadan einfach vorverlegen, ohne das Probleme entstehen.
- Antibiotika. Etliche Antibiotika müssen in einem strengen Rhythmus eingenommen werden. Wenn klar ist, dass Erkrankte fasten möchten, kann die Ärzt*in den Wirkstoff manchmal auf ein langwirkendes, einmal täglich einzustellendes Präparat umstellen. Bei Mittelohrentzündung oder Hautinfektionen ist beispielsweise Azithromycin eine solche Option. Unkomplizierte Harnwegsinfektionen bei Frauen werden häufig ohnehin mit einer Einmalgabe eines Antibiotikums behandelt, die auch nachts erfolgen kann.
- Diuretika. Weil im Ramadan bei Tageslicht auch auf Flüssigkeit verzichtet wird, muss die Dosis von Diuretika meist reduziert werden. Dies darf nur in Absprache mit der behandelnden Ärzt*in erfolgen.
- Opioide. Als Tropfen oder Tabletten eingenommene Opioide können auf Pflaster umgestellt werden.
Etliche Arzneistoffe haben eine besonders geringe therapeutische Breite – das heißt, dass sie nur in sehr genauer Dosierung sowohl wirken, als auch sicher sind. Nimmt man sie wegen des Fastens in zu langen Abständen ein, haben sie keinen Effekt mehr. „Auf Vorrat“ einnehmen ist ebenso keine Option: Wird das Einnahme-Intervall verkürzt, kann das Medikament zu stark wirken und sogar schaden. Lassen sich diese Arzneistoffe nicht ersetzen, raten Expert*innen vom Fasten ab. Zu solchen Medikamenten gehören u.a. etliche Antiepileptika, Krebsmedikamente, Herzmedikamente zur Stabilisierung des Rhythmus und Opioide zur Schmerzbekämpfung.
Soll eine Therapie neu beginnen, lässt sie sich vielleicht auf die Zeit nach Ramadan verschieben. Auch dies gehört mit der behandelnden Ärzt*in besprochen.
Hinweis: Jede Umstellung von Medikamenten muss ärztlich begleitet sein. Wer plant, alle Arzneien einfach gleichzeitig einzunehmen, riskiert schwere Nebenwirkungen.
Fasten und Diabetes
Eine besondere Herausforderung beim Ramadan ist der Diabetes. Die ungünstig verteilte Nahrungsaufnahme birgt Gefahr für Unter- und Überzuckerung. Patient*innen mit Diabetes sollten deshalb frühzeitig mit ihrer Ärzt*in besprechen, wie sich der Zucker im Ramadan gut einstellen lässt. Einige Wirkstoffe kann man an die geänderten Umstände anpassen. Sonst dreimalig eingenommenes Metformin lässt sich für den Fastenmonat auf eine abendlich und eine morgendliche Dosis aufteilen (Zwei Drittel/ein Drittel). Die geringste Gefahr für Unterzuckerungen haben Gliflozine. Bei ihnen ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Diabetiker*innen wird generell geraten, die Abendmahlzeit so früh wie möglich einzunehmen. Dabei sollten vor allem komplexe Kohlenhydrate auf den Speiseplan, z. B. Vollkornprodukte. Sie treiben den Blutzucker nicht so schnell in die Höhe wie Zucker und beugen Unterzuckerungen länger vor. Von den traditionell abends verzehrten Datteln sollten Diabetiker*innen nicht mehr als drei essen. Außerdem ist es wichtig, den Blutzucker häufiger als sonst zu kontrollieren. Im Notfall ist die Einnahme von Traubenzucker erfroderlich, auch wenn dies das Fasten bricht.
Nicht am Ramadan teilnehmen sollten aus ärztlicher Sicht Diabetiker*innen mit einem hohen Risiko für Komplikationen. Das gilt u.a., wenn der Diabetes schlecht eingestellt ist, Unterzuckerungen nicht gut wahrgenommen werden und in den letzten drei Monaten vor Ramadan eine Blutzuckerentgleisung mit Ketoazidose aufgetreten ist.
Hinweis: Für Diabetespatient*innen können anstrengende körperliche Tätigkeiten während des Fastens gefährlich werden. Grund dafür ist das erhöhte Risiko für Unterzuckerung und Dehydratation. Empfohlen werden stattdessen leichte körperliche Aktivitäten wie Spazierengehen.
Fasten und Schwangerschaft
Laut Koran sind Schwangere sind von der Fastenpflicht befreit. Sie können das Fasten später nachholen oder Kompensation leisten. Doch viele gläubige Muslima wollen trotz Schwangerschaft am Ramadan teilnehmen. Entscheiden sie sich dazu, sollte ihr Gesundheitszustand engmaschig überwacht werden.
Nicht empfohlen wird das Ramadan-Fasten denjenigen Schwangeren, die generell unter niedrigem Blutdruck leiden oder schon einmal das Fasten nicht gut vertragen haben. Generell ärztlich vom Fasten abgeraten wird werdenden Müttern mit Nierenproblemen, insulinpflichtigem Diabetes oder transplantierten Organen.
Gesunde Schwangeren können fasten, sollten dies aber nicht im ersten Schwangerschaftsdrittel tun. Denn die reduzierte Kalorienzufuhr in diesem Zeitraum erhöht das Risiko, dass das Kind mit einem erniedrigten Geburtsgewicht auf die Welt kommt. In einer deutschen Studie waren die Neugeborenen von Frauen, die in dieser Zeit gefastet hatten, etwa 70 g leichter als die Kinder von Müttern, die normal gegessen hatten. Ab dem zweiten Trimenon dürfen gesunde Frauen mit unkomplizierten Schwangerschaftsverlauf am Ramadan teilnehmen. Hinweis: Stillenden Müttern wird empfohlen, nicht zu fasten. Kommt es zu einem Mangel wichtiger Nährstoffe wie Vitamin B12 und Zink, drohen schwere Schäden beim Säugling.
Quellen: DAZ 2022, 13: 24, ptaheute, gelbe-liste.de
04.02.2025 | Dr. med. Sonja Kempinski ; Bildrechte: mauritius images / Connect Images / Eugenio Marongiu